Über 50 Schülerinnen und Schüler vorwiegend aus Unter- und Mittelstufe sowie einige Lehrer, aber auch ganze Familien haben in den vergangenen Wochen ihren Beitrag zu einem großen musikalischen Experiment geleistet: Sie haben eine der zahlreichen Instrumentalstimmen, die online abgelegt waren, geübt, aufgenommen und hochgeladen. Die Stimmen wurden dann zu einem großen „virtuellen Mörikeorchester“ zusammengesetzt. Ein herzliches Dankeschön allen Mitwirkenden!

Das Musikstück, „Marcia“ von Ludwig van Beethoven, stammt aus den Werken Beethovens ohne Opuszahl, wird als WoO 29 geführt und ist ein Klavierstück. Es wurde extra für dieses Projekt arrangiert. Damit möglichst viele Schülerinnen und Schüler aller Klassen mitmachen können, gab es Stimmen in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen. Schlagzeuger oder sogar Nicht-Instrumentalisten konnten eine der Schlagzeugstimmen (Topfdeckel, Schneebesen oder Rührschüssel) wählen. Auch Unerwartetes ist zu hören. So hat eine Schülerin ihre Stimme mit der türkischen Bağlama eingespielt, eine andere Schülerin hat die Melodie kurzerhand eingesungen.

Das „virtuelle Mörikeorchester“ ist ein buntes Kaleidoskop, das die Freude der Schulgemeinschaft des Mörike am Musizieren wiedergibt – aber auch deutlich macht: Musizieren erfordert Gemeinschaft, gemeinsame Zeit, gemeinsame Absprachen, gemeinsames Probieren. Dies alles wird es, nach momentanem Stand, mindestens im ersten Halbjahr des kommenden Schuljahrs nicht geben!

Wir Musiklehrer hoffen sehr, dass dieses rigide Verbot vielleicht doch noch aufgeweicht wird, dass es – natürlich mit einem angemessenen Hygienekonzept – erlaubt sein wird, auch an Schulen Musik zu machen: Dass im Musikunterricht gesungen werden kann, dass mit Instrumenten musiziert werden darf, dass AGs proben dürfen. Außerschulische Ensembles dürfen unter bestimmten Voraussetzungen schon seit einigen Wochen wieder musizieren, andere Bundesländer suchen nach Lösungen zugunsten der Schulmusik – in Baden-Württemberg wird das noch lange nicht möglich sein. Das Musizierverbot gefährdet in höchstem Maß die sensiblen Strukturen der Musik-AG-Arbeit nicht nur am Mörike, sondern (und vielleicht sogar noch mehr) an allen Schulen in Baden-Württemberg. Kultur geht verloren. Virtuelles Musizieren kann das gemeinsame Musizieren niemals ersetzen.

(Text: Andreas Medler)